Oftmals werde ich gefragt, ob wir denn auch Anfänger in unseren Kursen aufnehmen, oder ob das Kursangebot nur was für die "Freaks" und die schnellen "Cracks" sei. Dazu vielleicht eine kleine Real-Life-Story oder vielmehr eine "Real-Kurs-Story", die mich die letzten Monate begleitet hat:
Genau am 30.12.2015 kamen 2 befreundetet Frauen - Heike und Bettina - beide Mitte/Ende 40 zu mir zur Diagnostik. Laut eigener Aussage konnten sie "nur" 5km laufen und die auch nur mit Gehpausen. Und irgendwie konnten sie sich auch nicht motivieren, mal länger als 5km zu laufen. Die Diagnostik zeigte auch, dass zu dem Zeitpunkt durchaus noch Luft nach oben war. Die Vorgabe von beiden war klar: mehr als 3 Trainingseinheiten pro Woche waren zeitlich nicht drin.
Das große Ziel: Halbmarathon schaffen - die Zeit war egal, Hauptsache schaffen. Irgendwann einmal, aber noch nicht im April beim Freiburg Marathon, das wäre ja unvorstellbar - gute 3 Monate waren es ja nur noch bis dahin. Ich liebe solche Herausforderungen...schaun mer mal :-)
3 Monate nach diesem Termin standen beide dann doch am Start ihres ersten Halbmarathons. Der erste Wettkampf in ihrem Leben, das erste mal Laufen mit 1000en anderen Läufern. Und sie waren erfolgreich: Nach 2:45 Stunden liefen die beiden gemeinsam ins Ziel.
Auch wenn beide irgendwie nicht so richtig wussten, was sie nun damit anfangen sollten, waren sie doch "angefixt". Im Mai 2016 machten sie dann nahtlos im Sommerkurs weiter - "ein wenig schneller könnte es ja vielleicht schon werden".
Seither ist es spannend, die Entwicklung zu beobachten und zu begleiten. Gestern waren beide zu einem erneuten Diagnostiktermin bei mir. Auf allen Ebenen haben sich bei beiden unglaubliche Veränderungen eingestellt: Deutlicher Gewichtsverlust inkl. "Bodyforming", viel höhere Geschwindigkeiten bei gleichem Puls, ein nahezu doppelt so effektiver Fettstoffwechsel (siehe Diagnostikergebnisse unten), eine viel aufrechtere Haltung - insgesamt ein anderes Wohlbefinden!
Aber nicht nur auf körperlicher Ebene hat sich viel getan - auch die Einstellung zum Sport hat sich verändert. Heike erzählt z.B. im gem. Training stolz, sie sei sogar im Sommerurlaub morgens vor allen Anderen aufgestanden, um in 10 Tagen Urlaub 4mal laufen zu gehen - freiwillig! Das Training ist mittlerweile zum festen Bestandteil des Alltags geworden und aus diesem kaum wegzudenken - auch im Urlaub. Schmunzeln musste ich bei dem Satz: "Also 90min laufen ist noch total im Wohlfühlbereich und macht richtig Spaß - aber die 2 Stunden Läufe sind schon etwas zäh" - das war die gleiche Heike, die mir im Dezember 2015 noch gesagt hat: "länger als 5km kriegen wir uns nicht motiviert". So können sich die Dinge ändern und die Grenzen verschieben ;-)
Das Gruppentraining ist für Beide auch immer das sportliche Highlight der Woche - das Training für den Rumpf und die Stabilität schlägt an und die Erfolge sind sichtbar/spürbar. Irgendwie kann Sport ja doch auch ganz schön Spaß machen - vor allem in der Gruppe!
Der nächste Halbmarathon kommt. Und der soll ein wenig schneller werden, als der erste, wenngleich das ja eigentlich nicht ihren Ambitionen entspricht. Zwei Stunden im Halbmarathon - das wäre schon richtig klasse, aber für die Beiden gedanklich (noch) unvorstellbar. Genauso unvorstellbar, wie ein Halbmarathonfinish noch im Dezember letzten Jahres war. Aber so langsam kommt es in beiden Köpfen an, dass sie sich langsam von Sportmuffeln zu Läuferinnen gemausert haben. Dass sie es geschafft haben, ihr Leben ein wenig umzukrempeln und dem Sport mehr (bzw. überhaupt) Raum zu geben. Die erste schwere Hürde ist genommen - jetzt heisst es, dran zu bleiben und darauf aufzubauen. Vielleicht ja doch irgendwann mal ein Marathon?
Wir werden sehen :-)
Ich habe immer großen Respekt vor genau dieser Spezies LäuferInnen. In dem Fall kriege ich immer zu hören: "Warum hast Du davor Respekt? Schau doch mal, was Du alles schon gelaufen bist und wie schnell und überhaupt..." Ja klar habe ich schon ein paar Wettkämpfe in meinem Leben gemacht, bin dazu recht gute Zeiten gelaufen und habe einige Rennen auch gewinnen können. Der große Unterschied aber: Ich mache das schon mein Leben lang! Ich kenne das nicht anders - für mich ist es normal, dass ich raus gehe und mein Training absolviere. Für mich ist es normal, dass ich bei Regen, Schnee oder auch bei 30 Grad im Sommer 2 Stunden oder länger die Laufschuhe schnüre. Die beiden aber haben ihr ganzes Leben nie Sport gemacht, waren nach eigener Aussage auch total unsportlich und wollten nun im Januar 2016 mit dem Laufen beginnen. Raus aus der Komfortzone, Trainingszeiten freischaufeln, sich gedanklich mit Training befassen - im Grunde bedeutet das, aus den liebgewonnenen Gewohnheiten auszubrechen. Und das ist unglaublich schwer! Insofern verdient jeder, der in "höherem Alter" mit dem Laufen beginnt und es auch schafft, gewisse Ziele zu erreichen, höchsten Respekt!
Schaffst Du das auch?
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